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Vom Grünen Hügel

BayreuthVom Grünen Hügel

Tonbandgespräche mit Wolfgang Wagner

Bayreuth 14. August 1999 (Teil 2)

Herr Wagner, Sie stehen an der Spitze eines gesunden Festspielbetriebes mit immer größeren Nachfragen für Karten. Sie haben mit den möglichen Mitteln aus diesem Haus ein Schmuckstück gemacht, und haben Gott sei Dank nie die Hoffnung aufgegeben, wenn wieder von Kürzungen die Rede ging. Sie dürfen heute stolz auf das sein, was Sie in all den Jahren hier in Bayreuth aufgebaut haben. Die Menschen, die Sie wirklich kennen und schätzen, müssen den Kopf schütteln über das, was in den letzten Jahren und besonders in den letzten Wochen über Sie geschrieben wurde. Sie haben manche Bemerkungen persönlich als niederträchtig bezeichnet…

Wenn man in einer solchen Position steht, ist man natürlich dauernd der öffentlichen Kritik ausgesetzt. Das ist auch gut, aber bei allem muss man doch irgendwie die Menschenwürde achten und nicht von vornherein davon ausgehen, dass jeder außer demjenigen, der über die Sache redet, ein Idiot ist, ganz grob gesagt. Im Prinzip berührt mich das gar nicht, solange ich eine internationale Festspielgemeinde habe, die nach Bayreuth kommt, weil sie Bayreuth zu schätzen weiß. Darüber hinaus möchte ich sagen, solange hervorragende internationale Künstler nach Bayreuth kommen, um mir bei der Arbeit an und um Richard Wagner zu helfen, darf ich nicht unglücklich sein. Dass ich auch mal ausraste, muss man verstehen, denn die Mittel, die zum Teil gegen mich verwendet werden, sind also wirklich teilweise niederträchtig und zwar deswegen, weil das meiste aufgebaut ist auf Geltungsbedürfnis. Es ist merkwürdig, besonders in Deutschland, dass man für alles, wo harmonisch und gut gearbeitet wird, eigentlich dafür kein Verständnis hat und alles kaputt machen will.

Wichtig ist das Resultat und der Beweis für die geleistete Arbeit war dieses Jahr u.a eine hervorragende Neuinszenierung der Oper ‘Lohengrin’, eine Arbeit des Briten Keith Warner. Nun gab es gerade für diese Neuinszenierung Schwierigkeiten, weil der ursprünglich vorgesehene Willy Decker abgesprungen war. Über dieses Abspringen kamen wieder die verschiedensten Düfte aus der Gerüchteküche. Was war nun die wirkliche Ursache, Herr Wagner ?

Das Team um Willy Decker hatte kein Verhältnis zu diesem Werk. Das haben sie mir erst eineinhalb Jahre nach Unterschrift des Vertrages gesagt. Das ist nicht ganz verständlich denn man kann ja, wenn man einen Auftrag nimmt und das Werk nicht kennt, mal eine halbe Stunde im Textbuch lesen. Dann weiß man ja, was darin vorgeht, und vor allen Dingen man kann ja seine Fantasie anregen, ob man dazu eine Antenne hat. Oder man hat daran kein Interesse, aber dann muss man das gleich sagen. Aber ich habe, glaube ich, diese Absage gut gekontert.

Ich bin eigentlich mit dem Ergebnis sehr glücklich und zufrieden und vor allen Dingen, dass es auch gelungen ist, nicht nur dieses Team um Keith Warner zu engagieren, sondern auch noch mit Antonio Pappano einen großartigen Dirigenten. Es war eine wunderbare Arbeitsgemeinschaft. Wir haben uns vortrefflich verstanden, vor allen Dingen durch die außerordentlich guten Sprachkenntnisse meiner Frau. So wurden auch diese Barrieren restlos überwunden.

In der nationalen und internationalen Presse ist die Frage nach Ihrer Nachfolge zum Dauerbrenner geworden. Sie selbst haben im März die nötige Prozedur für eine Nachfolgerfindung eingeleitet. Seit Jahren und speziell in letzter Zeit werden Sie aus den Reihen der eigenen Familie immer wieder angegriffen. Viele möchten die Leitung der Festspiele übernehmen, sogar ohne sich vorher die Sporen dazu verdient zu haben. Wie sehen Sie den idealen Nachfolger?

Ich warte mit Ruhe ab. Ich hoffe, dass sich das Ganze, sagen wir, abklärt, dass dann doch die Geeigneten oder die Wenigen, die zur Verfügung stehen, dahin kommen, wo sie dürfen. Man muss ja für Bayreuth gewisse Voraussetzungen haben, nicht nur die des Namens. Es geht hier um die Erhaltung von Bayreuth. Wenn ein Wagner dazu in der Lage ist, das entsprechend in die Hand nehmen zu können, und die Vorgaben dafür hat, soll dem bestimmt nichts im Wege stehen.

Wie werden Sie in Zukunft mit der Prozedur der Übergabe vorgehen? Momentan wollen Sie wegen neu angekündigten finanziellen Kürzungen die Leitung nicht aufgeben.

Das war nicht der Grund, das hat sich im Lauf der neuen Regierungsbildung und der neuen Einstellung zu Bayreuth von Berlin und Bonn so ergeben und das muss ich erst klären. Da sind viele unbekannte Dinge: die vertraglichen Bindungen, die mit Bonn seit 1953 bestehen und die 1973 bei der Gründung der Stiftung bestätigt worden sind. Vor allen Dingen auch bei der Schaffung der Bayreuth GmbH, die ich zur Zeit alleine betreue als Gesellschafter und als Geschäftsführer. Dies alles ist schriftlich fixiert und ich schaue in aller Ruhe dem entgegen. Ich habe das Verfahren deswegen eingeleitet, weil es auch nach außen sichtbar sein muss, dass ich selbstverständlich hier nicht als Mumie noch sitzen will. Ich habe aber von vornherein gesagt, und das kommt immer wieder viel zu wenig zur Geltung, dass mein Abgang von mir bestimmt wird. D.h. es ist ein vorsorgliches Einleitungsverfahren, aber seine Auswirkung ist noch nicht terminiert. Da die Dinge so geschehen sind mit der Kürzung, habe ich das also nach außen hin einmal als Signum gebracht. Ich glaube, dass ich in der Übergangszeit, egal wie lange sie dauert, mehr als notwendig bin, um da viele Sachen auch für die Zukunft eindeutig zu klären, was eventuell jetzt an Unklarheiten besteht.

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