zugegeben: der erste Hör-Eindruck wirkt gewöhnungsbedürftig. Scheint‘s nicht so, als würde das Gerät die oberen Frequenzen unzulässig abschneiden? Und könnten Verdi und Wagner nicht ein bisschen „brillanter“ klingen? Was man so Brillanz heißt: es ist uns angezüchtet worden. Denn das Stereofone Lautboard, vor dem ich gerade sitze, versucht nichts weiter, als die Tonproduktion, -aufnahme und -wiedergabe buchstäblich in Einklang zu bringen. Und tatsächlich: schon nach wenigen Minuten begreife ich, dass Wagner, Verdi, Bach und Mozart nicht im klassischen Sinne „brillant“, sondern allein transparent und voll klingen müssen, um ihre emotionale Wirkung zu entfalten.
Peter Zirker, der seit vielen Jahren den Stereofone-Laden in der Passage der Richard-Wagner-Str. 13 betreibt, hat zusammen mit dem Lautsprecher-Entwickler Hans-Martin Burmester in jahrelanger Arbeit ein System entwickelt, das nicht allein äußerlich – in wörtlichem Sinne – anspricht. Die Form folgt der Funktion: das Gehäuse, breit gelagert wie zwei durch vier schlanke Säulen verbundene Truhen, verbirgt die Lautsprecher, in deren Mitte der Bass angesiedelt ist. Um den Raumklang zu schaffen, muss es direkt an die Wand gestellt werden. Physik ist hier alles: wo die Klangwellen überlegt abstrahlen und, verstärkt durch einen Schumann-Resonanzkasten, der mittig über dem Klangmöbel schwebt, auf Steine und die Luftfeuchtigkeit des Raums prallen, entsteht der ideale, einzig echte „sound“, der zwar laut, aber niemals hysterisch ist. Denn durch die Kappung der oberen Frequenzen wird jener Klirrfaktor beseitigt, den wir als normale Konsumenten nur deshalb für leuchtend halten, weil wir längst vergessen haben, dass ein natürlicher instrumentaler oder vokaler Ton niemals klirrt, sondern bestenfalls leuchtet – so wie das Gold der Oberfläche, das die Erfinder des Lautboards einem Kunstwerk Josef Beuys‘ abgewannen (wer‘s anders haben will, kann zwischen drei Dutzend Farb- und Materialvarianten auswählen).
Plötzlich klingt selbst eine Birgit Nilsson, die angeblich keine „Schallplattenstimme“ hatte, so rein und wohllautend, wie man‘s mit „normalen“ Systemen kaum hinbekommt. In diesem Sinn vermag das Lautboard sogar ein wenig den unverwechselbar gedeckelten Klang des Festspielhauses abzubilden; wer ihn kennt, weiß, dass das Ohr bei jedem Besuch ein paar Minuten benötigt, um den indirekten Orchesterklang und den vollkommenen Ausgleich zwischen Orchester und Sängern als die angemessene Art und Weise, Wagner zu hören, zu akzeptieren. Es kommt „nur“ auf die genaue Position des Geräts im Raum an. Dann hört man wirklich jede Stimme des kontrapunktisch reichen Meistersinger-Vorspiels so, wie Wagner es konzipierte: fokussiert und doch warm, durchsichtig und doch volltönend, mit einem Wort: wunderschön – und auf eine sehr sympathische, unaufdringliche und doch deutliche Weise schlicht und einfach: brillant.