Nach der Musica Bayreuth ist vor der Musica Bayreuth. Zugegeben: Nicht jeder Musikfreund schätzt die Musik des 17. und 18. Jahrhunderts. Ich habe einen guten Freund, der zwar liebend gern Bruckner-Symphonien und Wagner-Opern hört, aber der „Nähmaschinen-Musik“, wie die Gegner dieses Sounds es ausgedrückt haben, so gar nichts abgewinnen kann.
Macht nichts: denn erstens muss nicht jede großartige, bewegende und extrem gutgemachte Musik jedem gefallen. Ich persönlich kann ja auch nichts mit dem Balla-Balla-Klang der Chart-Hits anfangen, die auf vielen Sendern über den Äther gehen und ein riesiges Publikum erreichen. Kommt man mir hingegen mit gepflegtem Electro-Pop und den dazugehörigen sensitiven weiblichen Stimmen, dann… aber lassen wir das. Denn, um den Faden wiederaufzugreifen, bei der Musica Bayreuth, die seit April wieder die Bayreuther Bühnen bespielt, geht es weniger um Balla-Balla als um den sog. Barock. Obwohl – seit einigen Jahren praktiziert man dort etwas, was man als Cross-over bezeichnen könnte. Statt allein den reinen Bach oder Beethoven zu spielen, setzt man auf Übergänge, Begegnungen, auch reizvolle Brüche. Sie sind sowohl für das traditionelle als auch für das junge Musica-Publikum interessant, erweitern unser Spektrum, variieren die alten Meister auf kreative Weise und bringen die Moderne in die Stadt. Außerdem gibt es für die Opernfreunde unter den Wagnerianern und den Musikfreunden wieder etwas sehr Schönes: Gastspiele des Gluck-Festivals, das seinen Standort in Nürnberg hat. Eine Alceste eines der größten Meister des 18. Jahrhunderts, gespielt auf der Bühne im Markgräflichen Opernhaus – besucht man so einen Abend, weiß man, wieso sich jede Investition lohnt, um einzig adäquate Aufführungen in diesem einzigartigen Haus möglich zu machen. Meine Electro-Pop-CDs kann ich ja später wieder reinschieben.