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„Wie, hör ich das Licht?“

Bayreuther Festspiele„Wie, hör ich das Licht?“

Augenöffnend: Wagner-Plakate im Alten Schloss

Die Sammlung ist nicht unbekannt. Schon 2014 hat Klaus Billand, der bekannte Opernkritiker und Weltreisende zumal in Sachen Wagner-Aufführungen, im Alten Schloss zu Bayreuth seine Schatzkiste an Plakaten der Öffentlichkeit in einer temporären Ausstellung zur Verfügung gestellt. Nun ist die Kollektion um 50 prachtvolle Stücke vergrößert worden, in Leipzig war sie, anlässlich des monumentalen Wagner-Projekts, gerade zu sehen, nun hängt sie, noch bis zum Ende der Festspielzeit 2022, an den Wänden des Alten Schlosses, wo sie schon damals abzüglich der herrlichen Neuerwerbungen zu sehen waren.

Schlägt Billand in einem Opernhaus auf, so wissen die freundlichen Damen und Herren von der Presseabteilung schon im voraus, dass sie ihm eine große Freude machen, wenn sie ihm ein Werbeplakat der laufenden Ring-Produktion überreichen. Gut so! Denn nicht zuletzt durch Institutionen wie das ehemalige Bayreuther Kleine Plakatmuseum dürfte inzwischen den meisten Kunstfreunden klar sein, dass auch Theater- und Opernplakate zu den Kulturschätzen der Gegenwart gehören. Kommen zudem so viele exquisite Zeugnisse aus einem Gattungsbereich, eben dem Wagner-Plakat, zusammen, haben wir es mit mehr als der Summe aller Teile zu tun.

Hier gilt das, was auch für andere Theaterplakate gilt: verwendet werden so ziemlich alle Graphik-Arten der Gegenwart: Fotos der Aufführung, freie Fotos, Fotocollagen, Zeichnungen, Malereien, Kunstwerke innerhalb des Kunstwerks Opernplakat. Das Plakat ist jenes „Kunstwerk der Zukunft“ und der Gegenwart, das in einer Ausstellungswerbung beworben wird. Wagners Einfluss macht auch vor den Graphikern der Gebrauchsgraphik keinen Halt, als würden sie gerade bei Wagner das Äußerste daran setzen, die Opern und Musikdramen möglichst effektvoll ins Bild zu setzen. Absolute Hingucker sind vor allem jene Plakate, auf denen die Protagonisten im Foto oder der Zeichnung präsentiert werden. Extrembeispiele wie die Ring-Plakate aus Göteborg, von denen jedes ein Gemälde eines surrealen Kopfes zeigt, sind zwar die Ausnahme, aber auch die „normalen“ Ansichten vermögen den vor allem heterosexuellen Wagner-Aficionado zu begeistern, und dies nicht allein deshalb, weil ein Kopenhagener Rhenguldet-Plakat die Rückseiten der Rheintöchter von Anno 1900 imposant zeigt und auch sonst die Rheintöchter und Isolde hervorragende Sujets sind. Eines der jüngsten Plakate zeigt den goldenen Zürcher Rheingold-Apfel, während man für den Parsifal einmal mit den deutlich gesetzten Worten „Piletid nüüd mügil“, zu deutsch: „Kartenvorverkauf“, und ein leicht trashiges japanisches Walküre-Plakat mit einem dirigierenden Dirigenten wirbt. Der Dessauer Bauhaus-Ring lässt eine Frau in Rot – wen wohl? – vor einer Messerschmitt posieren, im Fall eines Tannhäuser-Plakats ist es nicht weniger als eine gekreuzigte Nackte, gezeichnet von Felicien Rops, einem der perversesten Künstler der Jahrhundertwende, der auf die Oper einstimmt. Der Ring aber dominiert alles – bis hin zu einem Parsifal-Plakat aus Sofia, das Klaus Billand sinnvollerweise unter dem Plakat des Colón-Rings platziert hat. Wie sich die Ringe gleichen.

In der Schau hört man also das Licht, indem man die Musik bebildert sieht. Es ist immer wieder faszinierend zu sehen, wie Wagners Kunst völlig andere Künste und Künstler inspiriert hat. Die Plakate machen da keine Ausnahme, sondern stechen im besten Fall genau ins Herz der Wagnerschen Ästhetik und Ideenwelt: im besten Sinne plakativ, manchmal laut, maanchmal eher leise. Und, nebenbei: manches Plakat ist wesentlich schöner und besser als die Produktion, für die es wirbt…

Bayreuth, Altes Schloss. Dienstag bis Samstag, 10 bis 17 Uhr. Bis 31.8. 222

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