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Kültürklüb e.V.

KulturvereineKültürklüb e.V.

Gibt es eine Alternative zur Isolation der „modernen“ Kultur?

Die Frage ist berechtigt, auch wenn man das Wort „Isolation“ in Anführungszeichen setzen müsste. Beim Verein Kültürklüb e.V., in dem sich‘s vornehmlich um das dreht, was in Bayreuth (fast) als alternativ bezeichnet werden kann, wurde die Frage erst im Oktober gestellt. Da konnte, natürlich wieder am Dienstagabend, im Rahmen der Wohn(t)räume-Reihe der DokumentarfilmCircleWays – Reise in die nächste Kultur besichtigt werden, in dem es eher um soziale als um rein kulturelle Fragen ging – aber hängt das Eine nicht elementar mit dem Anderen zusammen?

Sübkültür also, eine etwas andere Kultur. „ Mit einem Eintrittsgeld von nur 2 EUR pro Veranstaltung“, so die Macher, „sollen kulturelle Angebote ohne finanzielle Einschränkungen einem möglichst breiten Publikum zugänglich gemacht werden.“ Das breite Publikum ist eher jung als älter und alt, es rekrutiert sich, mit vergleichsweise wenigen Ausnahmen, aus der Studentenschaft, die seit der 2013 erfolgten Vereinsgründung in der Kämmereigasse 9 ½ jenseits des Glashauses ihr Kulturquartier hatte, bevor das sanierungsbedürftige Gebäude geschlossen wurde. Nun residiert man einmal die Woche im ehemaligen (zweiten) Podium am Gerberplatz, wo man mit dem ebenso etwas anderen Neuneinhalb-Verein koexistiert und sich ergänzt. Das auf sog. bürgerliche Kommunikationsformen gebürstete Kulturprogramm, das man sonst in Stadtkirche und Kunstmuseum, Konzertsaal, Kino und selbst im Iwalewahaus zu sehen bekommt, ist in jenem Sinne anders, als es (vergessen wir einmal die künstlerischen Kurse der Institute) weniger offenere Angebote präsentiert – früher nannte man das, was die Sübkültüranbietet, „Mitmachprogramm“, heute ist es „inklusiv“. Man fülle, dies der Anspruch, eine Lücke im Kulturangebot der Stadt, was sich eher auf die Form mancher Veranstaltung als auf die Inhalte bezieht, denn Lesungen, Konzerte, gesellschaftspolitische Filme, Fotoausstellungen, Kunstpräsentationen und Vorträge muss man in Bayreuth nicht erfinden (auch wenn man bisweilen länger nach den ganz im Heute verwurzelten Kunstformen suchen mag). Bei manchen Konzerten kann jedoch jeder mitmachen, frau darf Lieblingssongs mitbringen und singen, man lädt zum mehr oder weniger dichterischen public speech ein, wobei man stolz darauf ist, mit dem Süb Slam eine „Heimat für lokale Wortakrobat*innen“ geschaffen zu haben und den kleinsten Poetry Slam Bayerns zu organisieren. Relativ ungewöhnlich sind auch die Beiträge zu lokalen Themen: die Bayreuther Stadtentwicklung ist ein Sujet, das in dieser Grundsätzlichkeit eher selten zum Vorschein kommt, wobei die Frage erlaubt sein muss, inwiefern Diskussionen über langfristige lokale Projekte die Studenten zu interessieren vermögen, die meist nur relativ kurz in ihren universitären Blasen leben.

So betrachtet, liegt, zugespitzt ausgedrückt, das Interessante des Kulturprogramms weniger in den vielen Veranstaltungen, die in den meisten (nicht in allen!) Fällen das Unterhaltungsbedürfnis des jungen Publikums befriedigen sollen. Eine Geek Show, d.h.: eine „Gaming-Night“ mit integriertem Konzert ist typisch, nicht außergewöhnlich. Bewusstseinsbildend wird die Sübkültür, die in Berlin und Hamburg weniger süb als Mainstream wäre, wohl vor allem dort, wo sich  ältere Semester ins Podium verirren, um dieacts der aus Bayreuth und Oberfranken, aber auch aus überregionalen Gegenden stammenden Musiker, Performer, Filmer und sonstigen Produzenten zu genießen. Interessant wird’s dort, wo kooperiert und aus Theorie Praxis wird: wer sich die CircleWaysanschaute, konnte am selben Tag an einem Workshop der Wandelwoche des forum 1.5 teilnehmen: im TransitionHaus, wo die diskutierten „Methoden zur Rückverbindung des Menschen zu sich selbst und seinem Handeln, seinen Mitmenschen und der Natur“ schon mal ausprobiert werden konnten. Echt inklusiv ist stets die Möglichkeit, zur öffentlichen Sichtungsgruppe des kontrast-Filmfestivals zu gehören – und eine Gesprächsrunde nach einer 3-Stunden-Ausstellung mit Fotos toter Tiere passt in gewisser Weise zur Filmreihe Kino Jenseits.

Gibt es also eine Alternative zur „Isolation“ der „modernen“ Bayreuther Kultur? Die „Süb“, wie sie kurz genannt wird, hat das Angebot – jenseits der Konzerte im Glashaus – in Richtung studentischer Jugend stark verschoben, indem es gelegentlich das Ambitionierte mit dem gemeinsamen Vergnügen an den Medien der Moderne erfolgreich koppelt. So betrachtet, ist das Soziale immer auch Kultur, oder besser: „Kültür“.

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