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Vergessene Hommage an den Meister

BauwerkeVergessene Hommage an den Meister

„Wagner ist Bayreuth und Bayreuth ist Wagner“, meint der Hamburger Professor für Marketing und Branding, Henrik Sattler, anerkennend, wenn er über die geniale Art der Selbstvermarktung berichtet, die Richard Wagner als einer der großen deutschen Komponisten rund um sich und sein Wirken schuf. 

Sicher: In erster Linie ist es die Stadt – oder eher noch der Grüne Hügel, der wie ein Bollwerk der deutschen Mythologie über ihren Dächern thront – die eng mit dem Wirken Wagners in Verbindung steht. Und doch gibt es auch im weiteren Umland, insbesondere auf den Gipfeln des nahen Fichtelgebirges, manches symbolträchtige Objekt, das an die Wagner-Mania der 1920er Jahre erinnert, die stark geprägt war von einer Wiederentdeckung deutsch-germanischer Legenden. 

So trotzen auch auf den beiden höchsten Bergen des Gebirges bis heute zwei Reminiszenzen an jene Zeit Wettern und Stürmen ebenso wie Epochengrenzen und Zeitgeisten. Allein der Name des „Asenturms“ auf dem Ochsenkopf spricht Bände: Bereits seit den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts hatte sich auf dem Gipfel ein Turm, damals noch aus Holz gefertigt, befunden, der nach mehreren Umbauten 1921 krachend in sich zusammenstürzte. Jenes Unheil vorausahnend hatte der betreuende Fichtelgebirgsverein schon 1902 erstmals den Vorschlag gemacht, ein steinernes Pendant zu planen, was jedoch durch verschleppte Beratungen und schließlich den Ersten Weltkrieg verhindert wurde. Nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs und kurz darauf des Holzturmes führte man die Überlegungen zu Ende und begann 1922 mit dem Bau, der nach den Plänen des Architekten Hans Reißinger ausgeführt wurde. Reißinger, seit 1918 in Bayreuth ansässig, hatte kurz vorher das Bischofsgrüner Kriegerdenkmal gestaltet und war vermutlich daher der erste Ansprechpartner für den Verein geworden. Leider machten die Krisen der Nachkriegszeit und die damit einhergehe Inflation den Bau zu einem beinahe unmöglichen Unterfangen und so sprangen schließlich Ehrenamtliche in die Bresche: Gemeinsam zogen die Mitglieder des Vereins tagtäglich auf den Gipfel, schleppten Steinbrocken und mauerten Reihe um Reihe aufeinander, sodass der Turm im August 1923 seiner Bestimmung übergeben werden konnte. Problematisch gestaltete sich indes die Namensfindung: „Bayreuther Turm“, wie vorgeschlagen wurde, fand keine große Zustimmung und es setzte sich schließlich der Entwurf Ludwig Hackers aus Wunsiedel durch, der, dem Zeitgeist gemäß, den Germanenkult bemühte. Schon immer, so seine These, sei der Ochsenkopf ein heiliger Berg gewesen, den eben jene Götter bewohnt haben sollen, die man auch in Wagners Opern – teils voller Zorn und Wildheit – regieren sieht. Daher müsse es ihr Turm werden, der „der Asen“. Auch beim Sinnspruch, den man anbrachte, setzte sich Hacker durch: „Wetter und Sturm trotzt der Asenturm. Tu‘s ihm gleich, mein deutsches Reich“. Die Schrift bezieht sich dabei auf das „Reich“ der Weimarer Republik (vgl. dazu Art. 1 der Weimarer Verfassung. „Das Deutsche Reich ist eine Republik“); einer von wirtschaftlicher Unsicherheit und politischen Umstürzen gezeichneten Epoche, die vor allem auch die stark industrialisierte Gesellschaft des Fichtelgebirges bange in die Zukunft blicken ließ.

Auch das zweite Konstrukt aus jener Zeit, auf dem Schneeberg befindlich, trägt den Handstrich Reißingers. Das „Backöfele“ hat seinen Namen von einer Felsmulde, die durchaus an das Schürloch eines Ofens zu erinnern vermag. Eine andere, weitaus weniger plausible Theorie geht davon aus, dass die Bewohner der Umgegend eben jene Stelle während des Dreißigjährigen Krieges benutzten, um hier, fernab von den marodierenden Soldateska und sich in Sicherheit wiegend, Brot zu backen. 

Woher genau sich der Name auch ableitet, „das Backöfele“ lockte in den 1920er Jahren vermehrt Touristen auf den höchsten Gipfel Frankens und forderte daher zu Überlegungen auf, wie man den Anstieg absichern könne. Der Fichtelgebirgsverein nahm sich der Sache schließlich an und beauftragte Reißinger damit, auch hier einen passenden Entwurf für die „Besteigungsanlage“ auszuarbeiten. Da der Architekt jedoch davor warnte, nach dem Ochsenkopf gleich den nächsten Gipfel mit einem „monströsen Turm zu bespicken“, plante er nun anders: Ein simples Holzkonstrukt sollte die Aussichtsplattform tragen und dabei an einen germanischen Scheiterhaufen erinnern, wie ihn Wagner im Ring nutzte, um Siegfrieds Leiche darauf zu verbrennen. 1926 konnte das Bauwerk eingeweiht werden, musste jedoch aus Baufälligkeit 2016 einem leicht veränderten Neubau weichen. 

Beide Objekte, der Asenturm als windumtoster Sitz der germanischen Gottheiten und das Backöfele als Reminiszenz an Wagners Meisterwerk, zeugen daher auch von einer beinahe kultischen Verehrung des „Germanischen“ als Leitideologie, die sich tief in der Gesellschaft verankert hatte.

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