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The Zurich Affair

vom grünen HügelThe Zurich Affair

Filmisch betrachtet: Ein neuer Wagner

Es ist ein bisschen wie mit „Amadeus“: Die Ähnlichkeiten mit der Wirklichkeit sind sichtbar, aber das, was Vergnügen bereitet, sind die Erfindungen, die sich an das Leben großer Männer und Frauen heften.

„The Zurich Affair“ macht da keine Ausnahme. Die Frage, ob er mit ihr „es“ gemacht habe, wird zwar nicht so radikal beantwortet, dass Er und Sie sich im Bett verkriechen – doch der Film über die „Zürcher Affäre“, die als Beziehung von Richard Wagner zur Frau seines steinreichen Gönners Otto Wesendock, also Mathilde Wesendonck, in die (Musik-)Geschichte einging, besitzt im neuen Film einen höheren Hitzegrad als in allen anderen Wagner-Biopics. Wagner: das war, noch im Stummfilmzeitalter, Giuseppe Becce, dann Alan Badel, Richard Burton, Otto Sander und zuletzt Edgar Selge. Nun ist es Joonas Saartamo, der dank Drehbuch und Regie Jens Neuberts, dem Meister einen zart finnischen Akzent verleiht. Mathilde: das ist die junge Sophie Auster, die schön und sensitiv durch die Bilder streift und ihrem in jedem Sinne bartlosen Gemahl, der sowohl einen guten Kunstgeschmack wie das Gefühl für Unregelmäßigkeiten hat, als unterwürfig sein sollendes Weibchen zur Seite steht. So entwirft „The Zurich Affair“, genauer als jeder vorangehende Spielfilm über das zwischen Kunst, Liebe und Politik changierende Leben Wagners, ein relativ genaues Bild seiner ersten Schweizer Jahre zwischen den ersten Züricher Konzerten und der Vertreibung vom Grünen Hügel: mit schönem schwyzerdütschen Tönen, die zum englischen O-Ton einen seltsamen Kontrast bilden. Sulzer, Herwegh, Keller, Eliza Wille, Semper, Liszt und die Bülows, nicht zuletzt die Züricher Bürger: sie alle erscheinen zum Teil an vom Kameramann Harald Gunnar Paalgard wunderbar eingefangenen Originalschauplätzen, um dem mitteljungen, als furios gezeichneten Wagner zu sekundieren. Mit historischen Abläufen und Zitaten geht der Film bewusst frei um; es ist das Vorrecht des Films, sich die Geschichte dramaturgisch zurechtzubiegen, auch mal, für die Unwissenderen unter den Zuschauern, leicht schulfunkmäßig (nichts gegen den Schulfunk!). Nicht nur nebenbei kommen also auch die „einfachen“ Leute zum Sprechen: der berühmte Zürcher Blechschmied unterhält sich da mit einem Kollegen und erläutert im Nebenbei Wagners Arbeit und Charakter.

Und Wagners sensibel eingesetzte Musik taugt ja, einschliesslich einiger pianistischer „Nebenwerke“, immer: auch als Soundtrack zu einer Affäre, die Wagner nicht lange als einzigartig empfand. Tristan klingt ins Mondlicht blau hinein. In einer der schönsten Sequenzen, einem weltlichen Abendmahl verschworener Freunde, ertönt schon das „Parsifal“-Vorspiel: auch das ist, wie der grandiose, queasi werktreue „Holländer“-Auftritt Michael Volles, typisch für einen durchaus ungewöhnlichen Film über den Schweizer Revolutionär.

The Zurich Affair. Film von Jens Neubert

Mit Joonas Saartamo, Sophie Auster, Rüdiger Hauffe und Julienne Pfeil. Originalmusik: Torsten Rasch. London Symphonie Orchestra. Dirigent: Eckehard Stier. 105 Minuten. Bonus: Michael Volle führt durch Wagners Zürich. Label: Naxos

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