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Geschichte von den Wichteln

Geschichten aus dem WaldGeschichte von den Wichteln

Wie Ihr alle wisst, seid Ihr hier im Fichtelgebirge. Das nennt man so, weil überall Fichten wachsen – große – grüne Nadelbäume, die wunderbar duften, wenn der Wald warm ist und feucht. Was ihr aber sicher nicht so genau wisst: früher nannte man die Wälder und Berge das „Wichtelgebirge“, na, und warum wohl? Weil hier die Wichtelvölker wohnten, die Kleinen Leute, die den Menschen halfen, ihr hartes Leben zu führen. Es gab noch viele Wichtelvölker damals; sie wohnten überall da, wo sie ihre Arbeit hatten, und sie waren fleißige Leute.
Die Bergwichtel hausten tief in den Felsen, wo sie nach Erzen gruben, nach bunten Edelsteinen, und nach Gold. Die Waldwichtel wohnten natürlich im Wald. Sie sorgten für die Baumkinderstuben, für Schneebetten im Winter, für Wasser im Sommer; sie kontrollierten die Ameisenstraßen, schlichteten Streit unter den Vogelfamilien, die sich um die besten Nistplätze zankten, und halfen den Menschen beim Holzsammeln – heimlich natürlich, denn die Wichtel lassen sich nicht blicken.

Als immer mehr Menschen im Gebirge erschienen, die Arbeit suchten und ein Heim, wurden die Wälder abgeholzt, um Holzkohle zu brennen. Überall auf den Bergen kokelten die Meiler; Holzkohle wurde gebraucht, um Erze zu schmelzen und Glas herzustellen. Die Waldwichtel waren nicht gerade begeistert – ihre Lebensbedingungen verschlechterten sich, die Gipfel wurden kahl, die Bäume verschwanden. Alles Pflanzen nützte nichts – es dauerte zu lange, bis die Bäume erwachsen wurden. Da berieten sich die Waldwichtel mit den Wassermännern. Sollten sie bleiben? Oder auswandern? Die Wassermänner gehören auch zum Kleinen Volk; sie leben in Teichen und Bächen, regulieren den Lauf der jungen Flüsse und putzen die Quellen. Auch sie hatten unter dem Verlust der Bäume zu leiden, denn die Erde konnte bei Regen die Wassermengen nicht schnell genug speichern, und es gab ein Durcheinander von Rinnsalen, die nutzlos versiegten.
Das Kleine Volk wanderte aus. Die Wassermänner zogen zu den heißen Quellen in Böhmen, die Waldwichtel gingen in die Oberpfalz und den Bayerischen Wald.

Aber sie gingen nicht alle weg. Ein paar treue Wichtel blieben in ihrem Heimatgebirge, sorgten weiter für die Aufzucht von kleinen Fichten, betreuten die Kinderstuben von Waldmaus und Eichhörnchen, räumten die Steine aus dem Weg, ehe die Wanderer drüber fielen, und zeigten ihnen seltene Kräuter und Heilpflanzen. Die letzten Wassermänner putzten weiter die Quellen der vier großen Flüsse, die im Fichtelgebirge entspringen, und nur die Bergwichtel verschwanden immer mehr: das Erz gab nichts mehr her, nur die Betreuung der Besucherbergwerke blieb als Arbeit für sie übrig. Und hier wohnen sie noch, die Bergwichtel, in den dunklen Spalten, in denen es manchmal glimmt wie Silber, und wo es warm ist unter der Erde. Wer genau hinhört, vernimmt wohl ein leises „ping!“ in der Tiefe: das sind die Wichtel, die ein bisschen die Hacke schwingen, ein Körnchen Silber freilegen, ein paar Tropfen Wasser einsammeln. Sie sind noch da, sammeln Geschichten, erzählen sich was – nur blicken lassen sie sich nicht.

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