Giovanni Bononcini hatte durch dubiose Spekulationen sein gesamtes Geld verloren und konnte sich nur dank einer kleinen Leibrente, die ihm Kaiserin Maria Theresia zugestanden hatte, über Wasser halten, bevor er 1747 nicht nur verarmt, sondern auch fast völlig vergessen in Wien sein Leben aushauchte. Doch zu Lebzeiten war Bononcini ein international gefragter Star: Rom, Venedig, Wien, Berlin – alle wichtigen Musikzentren Europas gierten nach seinen Werken, bis er 1720 nach London bestellt wurde, um dort dem großen Georg Friedrich Händel Konkurrenz zu machen, was ihm auch erfolgreich gelang! Erst die Nachwelt hat ihn in Händels Schatten gestellt, sein zeitgenössisches Publikum jedoch verehrte seine Arien, in denen sich Liebe und Eifersucht, Rache und Triumph, Verzweiflung und Hingabe leidenschaftlich Bahn brechen, und „seine“ Sänger liebten ihn für seine glänzende Fähigkeit, für die menschliche Stimme zu komponieren.
Die vielseitige Mezzosopranistin Sonja Runje, deren Repertoire von Bach bis Britten reicht, erforscht gemeinsam mit der Hofkapelle München unter dem Barockspezialisten Rüdiger Lotter Bononcinis reiches Kantatenschaffen. Ob wir mit dem „misero pastorello“ klagen oder mit der „mesta tortorella“ seufzen – Bononcinis bald anrührend-schmerzvolle, bald lebendig-heitere Klänge lassen kein Auge trocken und kein Herz unberührt.