Sie ist, lesen wir, „eine Kulturbotschafterin der Ukraine“. Sie dirigierte, als erste Frau im Graben der Bayreuther Festspiele stehend, im Sommer 2021 einen exzellenten Fliegenden Holländer. Ihr Bayreuth-Debüt lag damals schon zwei Jahre zurück, denn bereits Ende August 2019 trat sie in der Panzerhalle vor ein Orchester ihrer Heimat. Oksana Lyniv ist eine Frau aus Joseph Roths Geburtsort Brody, die als Chefdirigentin der Grazer Oper amtierte und seit 2022 Generalmusikdirektorin des Teatro Communale di Bologna, also der erste weibliche GMD Italiens ist. Daneben gründete sie 2017 das Ukrainische Jugendorchester und das Kulturfestival LvivMozArt in Lviv. „Ein psychophysisches Erlebnis ersten Ranges“, so nannte das ein Rezensent, als er den Höhepunkt des Bayreuther Festivals junger Künstler miterlebte. Nun liegt ein Teilmitschnitt dieses bemerkenswerten Konzerts auf CD vor. Zwar fehlen die Taras Bulba-Ouvertüre des ukrainischen Nationalkomponisten Michail Lyssenko und einige Sätze des symphonischen Hauptwerks des Abends, doch wenn Krystina Mychailenko das technisch wie poetisch anspruchsvolle erste Liszt-Klavierkonzert mit Bravour und interpretatorischer Dignität interpretiert, bleiben keine Wünsche offen. Das Orchester formte unter Oksana Lyniv einen Klang, der uns begreifen ließ, dass Musik nur dann zu fließen vermag, wenn er „stimmt“: auch in der Scheherazade des großen russischen Komponisten Nikolai Rimski-Korsakow, da der Einbruch des herrlichen Wogenthemas und der erlösende finale Akkord das Werk, die Interpretation, das Konzert und das Album herrlich beschließen.
Label: Festival junger Künstler