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Was das betrifft, setz ich die Segel

Das neue BuchWas das betrifft, setz ich die Segel

Gianfranco Calligarich: Der letzte Sommer in der Stadt. Zsolnay Verlag 2022.

Spätestens mit Elena Ferrante weiß jedes Kind, dass aus Italien hervorragende zeitgenössische Literatur stammt. Leider bin ich des Italienischen nicht mächtig und daher angewiesen auf die hohe Kunst der Übersetzung oder besser gesagt: der Übersetzerin. Karin Krieger ist eine Virtuosin ihres Fachs, eine geniale Künstlerin, die nicht nur die einwandfreie Übertragung des Textes ins Deutsche vermag, sondern eine Stimmung transportiert, die einen wunderbaren Sog entwickelt, der den Leser ganz in das Werk eintauchen lässt. Das geschieht bei einer Übersetzung nur im besten Falle, zu oft ist die Lektüre holprig und unwegsam, sehr häufig ungenießbar, beinahe immer deutlich schlechter als das Original. Schon der erste Satz in dem Buch Der letzte Sommer in der Stadt ließ mich augenblicklich nach dem Namen der Übersetzerin blättern und überglücklich entdeckte ich den inzwischen wohlbekannten: Karin Krieger. Sofort las ich weiter und was mich allein auf der ersten Seite erwartete, verschlug mir den Atem. Das Buch ist herausragend geschrieben, respektive übersetzt, jede Seite für sich genommen ein Erlebnis. Doch worum geht es eigentlich? Kurz erzählt, handelt das Buch von einem jungen Mann, der aus spießigen Verhältnissen in Mailand – der Vater ist Briefmarkenhändler – in die Bohemien Roms eintaucht und darin, begleitet von viel Alkohol und einer großen Liebe, nach und nach versinkt. Ein Großteil der Geschichte wird im zweiten Absatz des Buches vorweggenommen und es wäre ein Fauxpas, diesen nicht zu zitieren: 

Was mich betrifft, hätte ich gerne darauf verzichtet ins Rennen zu gehen. Ich hatte alle möglichen Leute kennengelernt, Leute, die es weit gebracht hatten, und Leute, die es noch nicht mal geschafft hatten, überhaupt loszugehen, doch alle hatten früher oder später das gleiche, unzufriedene Gesicht, woraus ich geschlossen hatte, dass man dem Leben besser bloß zusah, allerdings hatte ich nicht mit dieser verdammten Ebbe im Portemonnaie an einem Regentag letztes Jahr zum Frühlingsanfang gerechnet.

Und so geht es weiter. Teils in schneller Folge erzählt, teils detailreich und zutiefst gefühlvoll geschildert. Ein Beispiel ist die Szene, als der Protagonist an den Abschied von seinem Vater zurückdenkt. Diese kurze Erinnerung erschreckt in seiner enormen Intensität und man ist ganz Teil der Empfindungen der Figuren. Das Buch hat mich aufgrund seiner leicht anmutenden Erzählkunst an das große Sommerbuch Fiesta von Hemingway erinnert und doch ist es ganz anders. Es wird begleitet von einer gewaltigen Melancholie, die sich zum Ende hin zu einem Crescendo entfaltet, das in den Ohren dröhnt. Der Autor Gianfranco Calligarich hat diesen Roman bereits im Jahre 1973 veröffentlicht. Nun wurde er zum dritten Male aufgelegt und es kann nur dem schnelllebigen Literaturbetrieb geschuldet sein, dass es nicht längst auch bei uns ein moderner Klassiker ist, der in jedes Bücherregal gehört. Also lassen Sie uns die Segel setzen. 

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