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Tonbandgespräche mit Wolfgang Wagner Bayreuth 13.8.1999

vom grünen HügelTonbandgespräche mit Wolfgang Wagner Bayreuth 13.8.1999

Am Ursprung dieser Serie ‘Bayreuth erlebt’ stand ein erstes Tonbandgespräch mit Ihnen, Herr Wagner, das am 6. August 1985 in Bayreuth aufgezeichnet wurde und wo wir uns u.a. über Maria Müller unterhielten. Ich leitete das Gespräch ein mit dem Vorspiel zum 3. Aufzug des Bühnenweihfestspiels Parsifal. Es spielte das Orchester der Bayreuther Festspiele in einer historischen Aufnahme des Jahres 1927 unter der Leitung Ihres Vaters Siegfried Wagner. Können Sie sich heute noch an den Klang dieser Aufnahmen erinnern, als sich die Schellackplatten damals mit grosser Geschwindigkeit auf dem Trichtergrammophon drehten?

Ich war zwar 1927 erst acht Jahre alt, aber nachher, durch die Überlieferung was man sich wechselseitig dann erzählt und was auch meine Mutter gesagt hat und nicht zuletzt auch, was man damals selber irgenwie mit abbekam, so sind natürlich gerade diese Aufnahmen doch sehr bestimmt worden von den wenigen technischen Möglichkeiten, was man heute zum Teil zu viel an technischen Möglichkeiten hat. So entsteht heute oft ein Klangbild, 16-Spur-Digital und diese ganzen Dinge, die dann oft wiederum mit der unmittelbaren Intention des Raumklanges von Bayreuth sehr wenig zu tun haben. In der Beziehung muss ich sagen, dass diese Schellackplatten mich heute nicht befriedigen, und dass wohl Tempo wie auch Klangfarben natürlich, auch wenn es das Orchester der Bayreuther Festspiele 1927 war, mit dem wirklichen Klangbild von damals auch nur sehr wenig zu tun hat.

Ich glaube, ein grosses Problem war die mögliche Länge der Aufnahmen, Schellackplatten hatten pro Seite 3 bis 5 Minuten Aufnahmekapazität, man konnte immer nur Teile von Werken mitschneiden.

Ja, meistens waren es viereinhalb Minuten, was auf eine Wachsplatte ging, da musste wieder unterbrochen werden, da wurde auf die nächste umgestellt, d.h. dass immer wieder ein Absatz dazwischen war, und das ist ja für Intonation und sonstige Dinge immer ein Mord. Zum Unterschied von der heutigen Technik, wo ich ja unbegrenzt ein Tonband laufen lassen kann und ich auch in ein anderes überblenden kann, ohne dass die geringste Unterbrechung stattfinden muss.

Sie waren mit 11 Jahren noch sehr jung, als Ihr Vater Siegfried Wagner im Jahre 1930 ganz plötzlich starb. Wie erlebten Sie Ihren Vater, war er streng in der Erziehung, wie war die Beziehung zu ihm?

Mein Vater war  50 Jahre alt, wie ich auf die Welt kam, auch mein Grossvater  hatte schon 56 Jahre, wie sein Sohn geboren wurde und dadurch besteht ja der grosse Abstand zwischen dem Ge­burtstag von Grossvater  und Enkel, 1813 und 1919 sind 106 Jahre. Normalerweise könnten in dieser Zeit eine Generation, sogar zwei dazwischen liegen und dadurch ist es natürlich so, dass ich weder an meinen Grossvater, sowieso keine Erinnerung hatte, und mit meinem Vater ich auch nicht die Zeit hatte, aktiv und positiv in ein Sohn-Vater-Verhältnis zu kommen, was ja insbesondere für die Bayreuther Aufgabe sicher von grosser Bedeutung gewesen wäre. Da war ich natürlich, wie er starb, mit 11 Jahren zu jung. Ich sehe nur noch den souveränen älteren Vater, der natürlich sehr viel durchlässt und dann muss immer irgend jemand regulieren, dass das Kind überhaupt einigermassen zur Vernunft kommt und einiges lernt. Das musste also immer meine Mutter sein, sie war dadurch eigentlich die Autorität und die Erziehende, darüber hinaus hatte mein Vater auch durch seine künstlerische Tätigkeit nicht viel Zeit für die Kinder, er hat ja nicht nur 16 Opern komponiert und viele sinfonische Stücke und Werke, er musste ja auch für den Lebensunterhalt sorgen nachdem ab 1913 keine Wagner’schen Tantiemen mehr an die Familie gingen. Er hat nicht viel Geld verdient, hat eher Geld in die Festspiele  hineininvestiert und darum war er damals sehr viel unterwegs. Er war ein begehrter und ange­sehener Dirigent und das war eigentlich seine Haupteinahmequelle, die ihm zur Verfügung stand, um für die grossen Unkosten dieser Last und Erbschaft aufzukommen, auf der einen Seite das Festspielhaus, auf der anderen das Haus Wahnfried, heute eben eine Stiftung. Er musste ja diese ganzen Dinge persönlich dann immer wieder mobilisieren und aufbringen und letzen Endes auch noch eine sechsköpfige Familie ernähren.

Sie erlebten als Kind einen eher gutmütigen Vater und eine strenge Mutter, wie aber kam das Kind zur Musik, es ist doch oft so, dass die Kinder in eine ganz andere Bahn hineingelenkt werden, stand für Sie als Kind und als junger Mann von Anfang an fest, das Erbe Ihres Grossvaters einmal weiterzuführen?

Das kann man eigentlich nicht sagen, denn mein Vater hatte ein Testament hinterlassen, wo meine Mutter Vorerbin war, damals war ja noch Festspielleitung und Eigentum identisch. Das ist erst ge­trennt worden 1951 und dann ganz deutlich durch die Richard Wagner-Stiftung 1973. Also es ist so gewesen, durch den alten Vater, mein Bruder ist ja nur zweieinhalb Jahre älter gewesen, war ja gar keine Vorausbestimmung oder Lenkung möglich, wenn man nicht nach dem alten Erbrecht geht, dass der Erstgeborene automatisch alles erbt. Das konnte ja mein Vater überhaupt nicht praktizieren weil er nicht wusste, ob unter Umständen der erste das Zeug dazu hat und vor allem auch die Nerven, um eine solche Aufgabe anzutreten. Meine Mutter hat es dann ähnlich gemacht wie Cosima, Richard Wagner und Cosima haben ja auf ihren Sohn keinerlei Einfluss genommen dass er nun das machen muss. Wagner hat gelegentlich einmal Ludwig II. gegenüber zum Ausdruck gebracht, er hoffte, dass sein Sohn eines Tages das, was er selber auf Grund seines Alters in Bayreuth nicht mehr schaffen könnte, dass das sein Sohn übernehmen würde.Wir sind also dadurch eigentlich vollkommen freizügig aufgewachsen, mein Bruder hatte ursprünglich kaum Interesse für die Festspiele, er hat Malerei studiert, hat aber nachher alles nachgeholt, was notwendig war. Ich interessierte mich am Anfang für das Klavier, aber von  meiner Entwicklung her sind die Dinge auch nicht normal gelaufen, und das kam durch diesen schrecklichen zweiten Weltkrieg. Bei mir ist es so gewesen, als der Krieg ausbrach, machte ich gerade meine Militärzeit und ich wurde gleich am Anfang des Krieges in Polen verwundet und so kam ich durch eine Handverletzung aus dem Krieg heraus. Bis zum sogenannten totalen Krieg 1944 funktionierte in Deutschland der ganze Kulturbetrieb. Man spielte Theater und Oper und wer damals in diesen Häusern tätig war, der wurde ja erst nach dem totalen Krieg überhaupt zur Waffe gerufen. Ich war aber durch meine Jugendlichkeit schon am Anfang bei der Waffe und ich musste dann schauen, wie ich von der Waffe loskam, das gelang mir, ich konnte aber, bedingt durch meine Verletzung, kein Instrument mehr spielen. Nach einer damals zweijährigen Militärdienstpflicht hätte ich alles, was ich vorhatte, dann irgendwie realisieren müssen, das Studium und diese ganzen Dinge. Das fiel aber für mich aus und ich ging 1940, nachdem ich vom Militär loskam, unmittelbar in die Praxis, in die Theaterpraxis und fing von unten an. Ein Instrument konnte ich ja nicht mehr spielen, habe dann privat, möglichst rationell mit jungen Kapellmeistern der Berliner Staatsoper mir die nötigen Kenntnisse erworben. Vom Weg her war es so, dass ich unmittelbar nach dem Krieg, überhaupt keine Chance hatte, systematisch etwas zu lernen. Die Jugend vergisst das ja heute, die weiss ja garnicht, wie gut sie es hat, dass sie systematisch etwas lernen kann. Bei uns war es so, meine Mutter hatte meinem Bruder einen Privatlehrer organisiert und er konnte sich so die Kenntnisse erwerben, so dass wir, als wir die Festspiele angetreten haben, je­der von uns gleich auf gleich war. Mein Bruder hatte noch die Möglichkeit, während dem Krieg an ein kleines Institut zu gehen und machte dort Oberspielleiter. Nach den theoretischen Arbeiten und alles, was er sich angeeignet hatte, war er so in einem kleinen Theater in einer Führungsposition. Bei mir war es umgekehrt, ich war an einem grossen Theater, habe aber alles von unten bis oben in der Praxis durchgemacht. Wenn man von oben herunter kommt,
und dann auch noch den Namen hat, war es eine ganz merkwürdige Sache, dass sich mein Bruder gewisse rein theaterpraktische Sachen erst später in Bayreuth in der Praxis angeeignet hat. Er konnte damit umgehen, aber was es bedeutete im einzelnen, das kam für ihn erst später. Das ist also das Lustige gewesen, während ich von der Theaterpraxis von unten her bis ins letzte hinein natürlich durch diesen Werdegang Bescheid wusste.

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