Das Haus fällt erst auf den zweiten Blick auf. Hat man es sich genau angeschaut, mit allen Details, die trotz Nachkriegszerstörungen noch sichtbar sind, begreift man, wieso das auf den ersten Blick relativ schlicht wirkende Gebäude zu den an einer einzigen Hand abzählbaren Bayreuther Denkmälern gehört, die eindeutig dem Jugendstil – doch nicht allein diesem Stil angehören.
Streng genommen müsste man von einer Mixtur aus Jugendstil und Art déco sprechen, auch wenn die Übergänge zwischen diesen beiden Kunstrichtungen fließend sind. Als die Gebrüder Wölfel 1902 dem Auftraggeber des Hauses, dem jüdischen Arzt Dr. Emil Holzinger, einen ersten Plan vorlegten, bewegte man sich noch im Fahrwasser eines stilistisch verwaschenen Historismus, wie er auch in Bayreuth üblich war.
Die Grundform des Eckhauses zur heutigen Romanstraße stand schon fest, wurde aber im ersten Plan noch bespielt mit einem Walmgiebel, verschlungenen Ornamenten über den Fensterbögen und am Giebel sowie allseits durchlaufenden Blumenbändern unter der Traufe, gekrönt von eckigen Dachfenstern samt bespitzten Helmchen, die schließlich den drei Dachgauben an den drei Seiten des an der Ecke gewinkelten Hauses weichen mussten.
Im Inneren hat sich noch der alte Treppenaufgang erhalten, der mit seinen Spindelsäulen auf den älteren Baustil verweist, während das letzte verbliebene Glasfenster einer ehemaligen Zwischentür schon á la mode ist. Die im Stadtarchiv bewahrten Pläne zeigen auch Unterschiede zwischen den Erkern – zunächst rund, dann eckig – und dem Eingang, der 1902 noch symmetrisch konzipiert wurde, 1903 dann ein schickes asymmetrisches Türblatt aufwies. Vorkriegsfotos zeigen die etwas üppigere Ausstattung samt blechernen Fensterabdeckungen, die dem Bau etwas Nobles verlieh. Heute ist davon noch Wesentliches vorhanden, soweit es das Schmiedeeisen betrifft – denn für Bayreuther Verhältnisse, spektakulär sind die Ornamente, die aus dem Haus ein ideales Beispiel für den Übergang vom Jugendstil zum Art déco machen. Am Erker haben sich nicht nur die zeitgenössischen Fahnenstangen erhalten, sondern auch das pflanzenartige Brüstungsband, das jedem Pariser Jugendstilbau Ehre machen würde.
Noch extravaganter wirkt der Balkon, der im zweiten Planungsschritt 1903 dazukam. Erinnert der obere Balkon mit seinen an den Ecken auftretenden Bändern und den getriebenen Dachpflanzen noch an den Jugendstil, so hat er doch schon mit den quadratischen Einteilungen und den Kreisformen den Übertritt zum Art déco vollzogen, der im unteren Balkon vollends triumphiert.
Ornamentik prägt sich hier allein durch die Scheiben, Strahlen und dünnen Spindelsäulen aus, also durch eine extrem stilisierte und betont flächige
Darstellung der Motive, dem die Natürlichkeit des gleich-zeitigen Jugendstil abhanden kam.
Moderneres konnte man seinerzeit an keinem zweiten Bayreuther Privatgebäude besichtigen. Als die Gebrüder Wölfel fünf Jahre später zwei Häuser in der Wölfelstraße 6 und 8 errichten sollten, die die Bauhistoriker dem Jugendstil zuschlagen, hatten sie bereits das Meiste von dem zurückgenommen, was den Bau in der Richard-Wagner-Straße auszeichnet. Kein Zweifel: Es war wohl der Auftraggeber Emil Holzinger, der mit seinem Wunsch nach der Moderne dafür sorgte, dass seinerzeit ein Haus in der Stadt errichtet wurde, das damals seinesgleichen suchte – und immer noch sucht.