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Freitag, 6. Dezember 24

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Petronius: Das Gastmahl des Trimalchio

Das Gute BuchPetronius: Das Gastmahl des Trimalchio

Toll trieben es die alten Römer – natürlich fällt einem der Spruch ein, wenn man des Petronius‘ Gastmahl des Trimalchio liest. Denn was der Autor hier an Deftigkeiten, buchstäblichen Schweinereien, Zoten und Obszönitäten festgehalten hat, ist kaum zu beschreiben, oder anders: Es bedurfte eines Federico Fellini, der das Satyricon des römischen Dichters Ende der 60er Jahre in einer opulenten Verfilmung popularisiert hat: als wär‘s ein Stück der Pop- und Hippiekultur, der Exzesse der „freien Liebe“ und der allmählich legalisierten Pornographie. Obwohl: In Vergleich zu den Freizügigkeiten der jüngeren Vergangenheit wirken die Szenen, die Petronius uns literarisch überliefert hat, wie feinsinnig gezügelte und sprachmächtige Deliziositäten, wie altrömisches Hochbarock eben. Petronius Arbiter schuf mit dem Gastmahl des Trimalchio den berühmtesten Teil seines Romans, der zu etwa zwei Dritteln verloren ist; der Rest ist eine Ansammlung mal mehr, mal weniger umfangreicher Fragmente, die sich um die Abenteuer der Hallodri von „Studenten“ Giton und Eumolpus drehen, woran man sieht, dass früher, zu Zeiten Neros, alles so schlimm und so gut war wie heute. So treffen sich am Hof des Trimalchio – keinem Parvenü, sondern einem zu ungeheuren Reichtümern gekommenen Freigelassenen, also einem ehemaligen Sklaven, der sein Glück durch Raffinesse und Zufall machen konnte – die Freunde, Tagediebe, Schlemmer, Prasser, décadents, Ehefrauen und Geliebten des heiteren Großsprechers, der es wahrlich krachen lässt: verbal und kulinarisch. „Du Säugling“, lässt Petronius einen seiner Maulhelden schimpfen, „sagst nicht mu noch ma, du schundiger Henkeltopf, vielmehr du Schlappschwanz, schlapper als ein Riemen im Wasser, aber nicht besser!“ Und so geht‘s weiter: „Ich treffe dich nachher auf der Straße, du Maus, vielmehr du Morschel! Ich werde dafür sorgen, dass Dir deine acht Zoll langen Locken nichts helfen, und dein Herr auch nicht, der Zweibatzenheld…“ Wer zuletzt lacht, lacht auch beim Gastmahl zuletzt, dieser Feier auf das Leben und auf das Sterben, das weise zu erwarten ist. Dem Erdichter dieser wohl nur um ein Geringes übersteigerten Wirklichkeit der Epoche Kaiser Neros aber war ein früher Tod beschieden; er gehörte zu den Opfern des Imperators, dem er als „Schiedsrichter des feinen Geschmacks“ arbiter elegantiae diente: bevor er, verleumdet, die Pisonische Verschwörung gegen den Kaiser unterstützt zu haben, verurteilt wurde, nahm er sich selbst das Leben. Er starb, heißt es, seelenruhig, Witze machend und freundlich. Durch das Gastmahl des Trimalchio schillert jene Freundlichkeit dem guten Leben vor dem gewissen Tod gegenüber, die, bei aller „Dekadenz“, die Götter Götter und die Menschen Menschen sein lässt. In der Satire, auf die sich gerade die Römer und gerade der Petronius so brillant verstanden, steckt mehr als die lustvolle und grelle Malerei eines sybaritischen Gastmahls – wer lesend an ihm teilhat, spürt die Kunstfertigkeit, mit der der unsterbliche Autor die köstlichen Schweinereien adelte, ohne ihnen den Saft abzulassen.

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