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Mittwoch, 11. September 24

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Kunst in Bewegung

AllgemeinKunst in Bewegung

„Alte Ohren – Neue Augen“ beim Festival Junger Künstler

Kunst in Bewegung, Musik in Motion, um E-motion zu befördern: so könnte das geheime Motto des Abends lauten. Denn zu Beginn des „Alte Ohren“-Abends konnten die Besucher des Festivals Junger Künstler eben jenes Stück, den „Dance for the Chinese Man and Woman“ aus Henry Purcells „Fairy Queen“ hören, das drei Tage zuvor den musikalischen Teil der „Fiesta Franconia“ des Bayreuther Festivals eingeleitet hatte. Sie konnten es hören – und sehen, denn „Barockmusik in Szene gesetzt“, das sagt ja schon viel. Und also schob Ophelia Flassig von Neuem den Viooloncellisten Augustin Geer auf dem kleinen Rolltisch durch den Europasaal, gefolgt von den drei anderen Streichern. Wie nennt man das? Wundersam.

Die Musiker des Streichensembles Thalia reagieren auf die Linien der Musik, stehen in Heinrich Ignaz Franz Bibers „Mensa sonora“ buchstäblich vom wohlklingenden Tisch auf, um ihren Auf- und Abschwüngen optischen Ausdruck zu verleihen, zu verstärken, zu akzentuieren. Vielleicht wurde ja schon zu den Zeiten des Salzburger Kapellmeisters derartig witzig mit der Musik gearbeitet, wer weiß, aber auch so kann man die Zeiten durchbrechen, in denen „alte“ Musik nur neu sein und „neue“ Musik aus „alter“ entsteht. Das klingt dann auch gelind anders; eine Raum-Musik hat andere Gesetze als eine statische, logisch. Das ist einfach – und stimmig. Wenn dann der Sopran auftritt – eine Hand bewegt sich aus dem blutroten Vorhang heraus , wird’s fesselnd. Denn Caroline Adler, ein Traum von einer Stimme, bindet, das passt natürlich glänzend zu Purcells „If love’s a sweet passion“, wieder aus dessen genialer „Fairy Queen“, denn die performende Solistin verbindet Violine und Violoncello direkt miteinander; am Ende wird sie, in der Zugabe, die Musiker und Musikerinnen und einige Besucher in den vordersten Reihen gleichermaßen zusammenführen. Man lächelt, man lächelt auch, wenn in Johann Heinrich Schmelzers „Fechtschule“ die beiden Geigerinnen, natürlich, einmal die Bogen kreuzen und die Musiker entzückende Hüpfer vollführen – und man wird bewegt, wenn sich auch die Wellen bei Händels Liebestrauer-Arie aus dem „Giulio Cesare“ bewegen: äußerlich, weil die Bewegungen des dünnen Plastiktuchs an des Meeres und der Liebe Wellen erinnern, wie Grillparzer das genannt hätte, und innerlich, weil Adler einen vollkommenen, sanften wie wilden Händel heraussingt, wenn sie durch das Wellenmeer läuft. Später sehen wir sie auf einem unendlichen Gang, eine Videoprojektion zeigt ihre Füße, beständig laufend, im Kreis der Schmerzen gibt es keinen Ausweg, das wusste schon Orpheus, der um seine Eurydike trauerte. „J’ai perdu“ aus Glucks Orphée-Oper (die Sängerin auf der Empore) markiert jedoch noch nicht das Ende der Rührung. Mit „Dido’s lament“ aus Purcells „Dido and Aeneas“, einem fast 350 Jahre alten Meisterwerk des Musiktheaters, erreicht der Abend seinen emotionalen Höhepunkt. Szenisch bedarf es dazu nicht viel, weniger ist wieder einmal mehr. Die Sängerin hüllt sich in das Plastiktuch ein, das sie zuvor wie einen riesigen Schleier hinter sich her zog, nun wird es zum Trauertuch.

Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Frank Piontek

Foto: © Werner Schubert

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