In den westlichen Gesellschaften bildet heute die Erinnerung an den Holocaust eine Art ziviles und entpartikularisiertes Gedenken, das zur Verteidigung demokratischer Werte, für Menschenrechte, Toleranz und Pluralismus beschworen wird. Nicht nur in Deutschland werden in Museen, Gedenkstätten und Gedenkfeiern die Verbrechen des Nationalsozialismus als paradigmatischer, mit diesen Werten und Prinzipien kollidierender Ausdruck des Bösen dargestellt. Doch was bedeutet Holocausterinnerung angesichts unmittelbarer Bedrohungen? Und welchen Bezug zu den Naziverbrechen haben Bevölkerungsgruppen, deren Erinnerungen von anderen -vergangenen und entfaltenden/gegenwärtigen- Völkermorden und Formen von politischer Gewalt geprägt sind? Der Vortrag wird anhand von Beispielen aus Südamerika, Spanien, Deutschland und bezüglich aktueller Entwicklungen in der Ukraine sowohl die Wirkungsfähigkeit wie auch die Widersprüche der Holocaust-Erinnerungskultur erläutern.