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Dienstag, 23. April 24

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Das Operla

KulturvereineDas Operla

Die Amoretten hängen schon an den Wänden: in goldenen Rahmen. Auf der Bühne selbst fällt das Bacchanal aus – denn dafür ist partout kein Platz.

Es gibt keine Oper in Bayreuth? Die sog. Kenner werden einwenden, dass es doch ein Festspielhaus gäbe, aber hier werden bekanntlich nur im Sommer ein paar Wochen lang einige Wagner-Opern gespielt. Die Stadthalle, in der immerhin gastweise die Produktionen des Theaters Hof einliefen, ist wegen Umbau auf gesperrt. Ein Stadttheater gibt es nicht in Bayreuth, gab es nie, noch weniger ein reguläres Opernhaus. Wer heute Oper jenseits vom Sommer- und Festspielwagner und von den Barock-Opern bei der Musica Bayreuth dem Festival Bayreuth Baroque sehen will, muss ins Kino gehen oder noch ein paar Jahre lang nach Nürnberg, Hof oder Coburg fahren.

Aber es gibt eine „Operla“ in Bayreuth. Nichtfranken muss man den Namen erklären: „La“ ist eine gewöhnliche Verkleinerungsformel, wobei sie auch manchmal etwas Größeres andeuten kann. So klein muss nicht sein, was die Verkleinerungsformel als Sterzla trägt. Die oder das Operla in Bayreuth verbirgt sich an einem Durchgangsort, den man leicht übersehen könnte, wenn man am Beginn der Friedrichstraße, der markgräflichen Prachtstraße am östlichen Rand des alten Stadtkerns, durch die Passage an der historischen Stadtmauer hindurchgeht. Hier hat sich das Operla sehr hübsch eingerichtet. „Ach, iss ja richtich doll da. Gfällt ma“, sagt der Franke in der 5. Reihe. Kein Wunder: die 50 Operla-Freunde, unter denen der Besucher nur ganz wenige „wahre“ Opernfreunde sieht und vermutet (was nicht heißt, dass man hier Oper für Arme macht), sitzen in einem pfundsgemütlich eingerichteten kleinen Raum. Schon vor dem er­sten Takt der Ouvertüre kann man Engel zählen. 20 kleine und größere zieren die Wände: große und kleine, als Spiegelzier, Wanddeko, Rubenskopie. Man sitzt auf alten und auf alt getrimmten Sesseln und schaut auf ein nostalgisches Theaterchen, in dem mit Tannhäuser und Der Sängerkrieg der Heidehasen schon zwei zueinander passende Meisterwerke aufgeführt wurden; auch Lohengrin schwebte hier schon einmal an den Fäden. Wagner hängt immer im Raum, links von der kleinen Bühnenöffnung schwebt er mit Barett und Geige – er, bei dem Engelbert Humperdinck in Sachen Parsifal assistieren durfte. Wagner hat die Premiere von Hänsel und Gretel nicht mehr erlebt, aber der 80jährige wäre vielleicht so begeistert gewesen wie die vielen glücklichen Millionen Opernbesucher, die seit 1893 das Werk gesehen und gehört haben: auch die des Operla. Seit 2008 spielen die Damen und Herren unter der Leitung der Prinzipalin Gisela Mösch-Ahner nun schon Theater – 2022 hat man also die Gelegenheit, den wiederaufgenommenen  Tannhäuser nicht allein im Großen Haus auf dem Hügel zu genießen.

Den Tannhäuser für die Marionettenbühne einzurichten: das erfordert den Mut zu Strichen. Den ersten und zweiten Akt kann die kleine Bühne in 75 Minuten quasi abhandeln: auch mit Hilfe einer überdimensionierten Venus. Zwar hat das Operla eine Versenkung, aber sie wird erst im Umbau zur Wartburghalle in Einsatz kommen, wenn das hübsche Bühnenbild mit dem Felsen verschwindet, der nicht zufällig einer nackten Frau ähnelt. Es ist auch bezaubernd, wenn Tannhäuser – der Ritter mit Ledermantel und Wagnerfrisur – aus dem Beinteil der steinernen Dame heraus kraucht und erst einmal erschöpft liegen bleibt. Es ist eben doch Einiges auf dieser kleinen Bühne möglich, was im Staatstheater kaum wirken würde. So halten sich Unvermeidliches (die Musikschnitte des 2. Aktes) und schlichtweg Entzückendes derart die Waage, dass der Opernfreund gerührt nach Hause gehen kann.

Es gibt keine Oper in Bayreuth? Doch, es gibt eine – eine „kleine“ und äußerst liebenswürdige.

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